Die Wahl des richtigen Steigerungssatzes in der GOÄ-Abrechnung ist ein Thema, das derzeit viele Ärztinnen und Ärzte beschäftigt. Daher möchten wir in diesem Blogbeitrag erklären, wie der Steigerungssatz richtig angewendet und vor allem auch richtig begründet wird. Zudem zeigen wir Ihnen, worauf Sie achten müssen, wenn Sie den Steigerungssatz ausnahmsweise über den 3,5-fachen Satz heben wollen.
Der Steigerungssatz ist ein Faktor, der in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vorgesehen ist. Er ermöglicht den Ärzten eine individuelle Anpassung der Gebühr für eine bestimmte Leistung. Der Steigerungsfaktor variiert je nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand der Leistung. Er ist somit ein Multiplikator, der die besonderen Umstände, unter denen eine Leistung erbracht wird, berücksichtigt.
Der Steigerungsfaktor wird bei der Abrechnung in der GOÄ frei gewählt. Hinter jeder Leistung versteckt sich ein fester Punktwert mit einem festen Betrag. Multipliziert man diesen Betrag mit dem Faktor ergibt sich der eigentliche Rechnungsbetrag. Laut §5 Abs. 1 GOÄ bemisst sich die Gebühr für die ärztlichen Leistungen nach dem 1- bis 3,5-fachen des Gebührensatzes, für technische Leistungen nach dem 1- bis 2,5-fachen Gebührensatz und für Laborleistungen nach dem 1- bis 1,3-fachen Gebührensatz. Ein höherer Steigerungsfaktor bedeutet immer eine Erhöhung des Rechnungsbetrags und damit ein höheres Honorar.
Es ist für die Wirtschaftlichkeit Ihrer Praxis maßgeblich, sämtliche Möglichkeiten der Optimierung Ihrer Abrechnung zu nutzen. Aber wann genau dürfen Sie von den Regelfaktoren abweichen? Und welche Begründungen akzeptieren die Versicherungen? Denn prinzipiell gilt – jede Erhöhung muss auch in der Rechnung entsprechend begründet werden!
Eine Erhöhung des Steigerungsfaktor darf nur angewendet werden, wenn:
Die GOÄ gibt hierfür klare Regeln vor. Eine Begründung für die Erhöhung des Steigerungsfaktors muss in der Rechnung angegeben werden. Sie sollten hierbei darauf achten, dass die Begründung immer plausibel und nachvollziehbar ist. Dies kann im Falle einer Prüfung durch die Versicherung oder einer gerichtlichen Auseinandersetzung von großer Bedeutung sein. Die Bewertung, ob bei der Behandlung eine besondere Schwierigkeit, besondere Umständen oder ein erhöhter Zeitaufwand vorgelegen haben, nehmen jedoch Sie als behandelnder Arzt vor. Ein Gericht wird und kann lediglich kontrollieren, ob Sie Ihr Ermessen überhaupt richtig angewandt und richtig dokumentiert haben.
Weicht die Untersuchung oder Behandlung eines Patienten von den normalen Gegebenheiten ab, dann stellt dies einen Grund für das Anheben des Faktors dar.
Auch der körperliche Zustand oder der Gemütszustand des Patienten spielt dabei häufig eine Rolle.
Beispiele hierfür können sein:
Begründung | Beispiele für GOÄ-Leistung |
Untersuchung oder Diagnostik bei unruhigem Patienten | 5, 7, 8, 250, 410, … |
Untersuchung oder Diagnostik bei ängstlichem Patienten | 5, 7, 8, 250, 410, … |
Untersuchung oder Diagnostik bei adipösem Patienten | 5, 7, 8, 250, 410, … |
Untersuchung oder Diagnostik bei Kleinkind | 5, 7, 8, 250, 410, … |
Beratung mit Sprachbarriere oder in englischer Sprache | 1, 3, 34, … |
Notfall mäßig Behandlung | Sämtliche Leistungen |
Physische Besonderheiten bei Sonographien oder Röntgen | 410, 420, 5010, … |
Luftüberlagerungen bei Sonographien | 410, 420, … |
Schlechte Venenverhältnisse | 250, 272, 274, … |
Überschreitet eine Leistung das normale zeitliche Maß, so gilt auch dies als Grund für eine Faktorsteigerung.
Beispiele hierfür können sein:
Begründung | Beispiele für GOÄ- Leistung |
Ausführliche Beratung über geplanten Eingriff oder Therapie | 1, 3, 34, … |
Zeitintensive Erörterung einer Erstdiagnose | 1, 3, 34, … |
EKG-Untersuchung mit langem Steifen | 650, 651, … |
Ausführliche Beratung während eines Hausbesuchs | 50 |
Ultraschall bei mehr als 4 Organen | 420 |
Lange Dauer der Infusion (z.B. bei Ziffer 272 bei mehr als 1 Stunde) | 271, 272, 274, … |
Behandlung überdurchschnittlich großer Wunden | 2000, ff. |
CT / MRT bei einer Vielzahl an Einzelbereichen | 5369, 5735 |
Zusätzliche Entnahme einer Vielzahl von Biopsien | 685, 687, … |
Manchmal kann bereits nur die Komplexität einer Erkrankung zur Begründung für eine Steigerung des Faktors führen.
Beispiele hierfür können sein:
Begründung | Beispiele für GOÄ Leistung |
Schwierige Differentialdiagnostik bei unklarem Krankheitsbild | sämtliche diagn. Ziffern |
Überdurchschnittliche Schwere der Grunderkrankung | 1, 3, 34, … |
Ausführlicher Organschall bei Ausschluss von Metastasierung | 410, 420, … |
i.v. Singe-Shot-Chemotherapie | 253, … |
Schwere Untersuchungsbedingungen bei Schmerzhaftigkeit des Pat. | 5, 7, 8, … |
Untersuchung mehrerer Teilbereiche | 5, 7, 8, … |
Schwierige Medikation bei Multimorbidität | 1, 3, 34, … |
Ausführliche Beratung bei psychischer Belastungssituation | 1, 3, 34, … |
Ausführliches Konsil über Behandlungsmöglichkeiten | 60 |
Um den bestmöglichen Steigerungsfaktor auszuwählen, sollten Sie folgende Schritte befolgen:
Hier finden Sie einige Beispiele, die Sie als Faustregel heranziehen können:
Beispiel:
GOÄ Ziffer 602 – Oxymetrische Untersuchung(en)
Manchmal sind Leistungen zwar erbracht, erfüllen aber nicht die komplette Leistungslegende. Statt auf die Abrechnung dieser Leistung komplett zu verzichten, oder auf eine viel niedriger bewertete Ziffer zu gehen ist es hier ratsam, die Leistung trotzdem abzurechnen. Allerdings muss diese Abrechnung mit einem reduzierten Faktor erfolgen.
Beispiel:
GOÄ Ziffer 687 – Hohe Koloskopie bis zum Coecum
Dazu müssen Sie jedoch bereits vor der Behandlung mit Ihren Patienten eine separate Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ abschließen und dieses Vorgehen entsprechend regeln.
Die Anwendung des richtgen Steigerungsfaktors der GOÄ kann zu einer erheblichen Erhöhung der ärztlichen Honorare führen, was wichtig ist, um eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Sie sollten jedoch immer bedenken, dass eine Anwendung nur dann zulässig ist, wenn besondere Umstände vorliegen. Die Begründung für die Erhöhung des Steigerungsfaktors muss in der Rechnung angegeben werden. Wenn Sie sich unsicher sind, welchen Steigerungsfaktor Sie wählen dürfen, sollten Sie die Regeln der GOÄ genau prüfen und sich gegebenenfalls beraten lassen. Denn eine falsche Anwendung des Steigerungsfaktors kann zu Problemen mit den Versicherungen oder Patienten führen.
Insgesamt ist die Anwendung des Steigerungsfaktors der GOÄ ein komplexes Thema, das viel Erfahrung und Wissen erfordert. Mit den oben genannten Schritten können Sie jedoch sicherstellen, dass Sie die Abrechnung Ihrer Leistungen optimal gestalten. Bei Fragen oder Unsicherheiten können Sie sich gerne an unsere erfahrenen Abrechnungsexperten wenden, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.