GOÄ-Abrechnung von Telemedizin: ein Leitfaden für Ärzte

Die rasante Entwicklung der Telemedizin hat die Art und Weise, wie Ärztinnen und Ärzte Patienten betreuen, revolutioniert. Mit dem Fortschritt der Technologie und der zunehmenden Akzeptanz bei Patienten, ist es entscheidend, dass Ärzte die Feinheiten der Abrechnung in diesem neuen Bereich meistern. Dieser Beitrag bietet eine detaillierte Übersicht über die relevanten GOÄ-Ziffern und praktische Beispiele, um Ärzten die Abrechnung der Telemedizin zu erleichtern.

GOÄ-Ziffern für die Abrechnung telemedizinischer Leistungen

Die GOÄ ist das Rückgrat der Abrechnung ärztlicher Leistungen in Deutschland. Um der Bedeutung der Telemedizin gerecht zu werden, hat die Bundesärztekammer im Juni 2020 spezifische Empfehlungen zur Abrechnung telemedizinischer Leistungen gegeben. Dennoch gibt es keine Verpflichtung zur Videosprechstunde. Diese Behandlungsform sollte nur gewählt werden, wenn hierdurch eine ebenso gründliche und zielführende Behandlung gewährleistet wird, wie in Ihrer Praxis vor Ort.

In der nachfolgenden Auflistung finden Sie die  wichtigsten GOÄ-Ziffern für die Telemedizin und ihre Anwendungsbereiche:

  • GOÄ 1 analog: Beratung durch den Arzt mittels E-Mail (80 Punkte, 4,66 €)
  • GOÄ 1 originär: Beratung durch den Arzt mittels Videoübertragung, z. B. Videosprechstunde (80 Punkte, 4,66 €)
    • Vorsicht: Reine Laborbefundmitteilungen sind nicht gesondert berechnungsfähig.
  • GOÄ 2 analog: Ausstellung von Rezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen mittels Videotelefonie, E-Mail, durch Medizinische Fachangestellte (30 Punkte, 1,75 €).
    • Vorsicht: Chat und SMS sind ausgeschlossen
  • GOÄ 3 originär: Beratung durch den Arzt mittels Videoübertragung (z. B. Videosprechstunde), das gewöhnliche Maß übersteigend (150 Punkte, 8,74 €)
    • Gesprächsdauer von mindestens zehn Minuten
  • GOÄ 5 analog: Visuelle symptomatische klinische Untersuchung mittels Videoübertragung (z. B. Videosprechstunde) (80 Punkte, 4,66 €)
    • Möglich, wenn die physische Anwesenheit für die symptombezogene Untersuchung nicht notwendig ist, um eine fundierte Einschätzung und Behandlung zu gewährleisten.
    • Wichtig:
      Sorgfältige Dokumentation erforderlich, die den Grund angibt, weshalb ausnahmsweise keine körperliche Anwesenheit des Patienten erforderlich ist.
  • GOÄ 60 originär: Vorstellung eines Patienten und/oder Beratung über einen Patienten in einer interdisziplinären und/oder multiprofessionellen Videokonferenz, zur Diagnosefindung und/oder Festlegung eines fachübergreifenden Behandlungskonzepts (120 Punkte, 6,99 €)
  • GOÄ 60 analog: Gemeinsame ärztliche telekonsiliarische Fallbeurteilung („Telekonsil“) im Rahmen diagnostischer Verfahren wie z. B. bildgebender Verfahren wie CT-, MRT-, Röntgenaufnahmen, Videoendoskopie etc. und/oder z. B. histologischer Befundungen wie Schnittdiagnostik, Ausstrich (120 Punkte, 6,99 €)
  •  GOÄ 70 analog: Erstellung oder Aktualisierung und ggf. elektronische Übersendung eines Medikationsplans oder einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (40 Punkte, 2,33 €)
    • Vorsicht: Der elektronische Versand eines Medikamentenplanes kann nicht gesondert berechnet werden, da dies bereits Bestandteil der Leistung ist.
  • GOÄ 76 analog: Verordnung und ggf. Einweisung in Funktionen bzw. Handhabung sowie Kontrolle der Messungen zu digitalen Gesundheitsanwendungen (70 Punkte 4,08 Euro)
  • GOÄ 661 analog: Telemetrische Funktionsanalyse eines Herzschrittmachers, eines Kardioverters bzw. Defibrillators und/oder eines implantierten Systems zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT), wenn die Daten über eine größere räumliche Entfernung übertragen werden, z. B. aus der häuslichen Umgebung des Patienten heraus  (530 Punkte 30,89 Euro)

Weitere relevante GOÄ-Ziffern in der Telemedizin

Neben den oben genannten Ziffern gibt es noch weitere, die für telemedizinische Leistungen relevant sind. Diese umfassen unter anderem:

Telemedizin in der Psychotherapie

Auch bei psychotherapeutischen Leistungen ist nicht zwingend ein unmittelbarer Arzt-Patientenkontakt notwendig. Daher können bestimmte psychotherapeutische oder psychiatrische Leistungen auch im Rahmen einer Videosprechstunde analog berechnet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Behandlung durch den Arzt selbst und nicht durch medizinische Fachangestellte erfolgt ist.

  • GOÄ 801: Eingehende psychiatrische Untersuchung, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Bezugsperson (250 Punkte, 14,57 €).
  • GOÄ 804: Psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches Gespräch, inklusive gezielter Exploration (150 Punkte, 8,74 €).
  • GOÄ 806: Psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch, auch in akuter Konfliktsituation – gegebenenfalls einschließlich eines eingehenden, situationsregulierenden Kontaktgesprächs mit Dritten, Mindestdauer 20 Minuten (250 Punkte, 14,57 €).
  • GOÄ 807: Erhebung einer biographischen psychiatrischen Anamnese bei Kindern oder Jugendlichen unter Einbeziehung der Bezugs- und Kontaktpersonen mit schriftlicher Aufzeichnung, auch in mehreren Sitzungen (400 Punkte 23,31 Euro).
  • GOÄ 808: Einleitung oder Verlängerung der tiefenpsychologisch fundierten oder analytischen Psychotherapie – einschließlich Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht im Rahmen des Gutachterverfahrens, gegebenenfalls einschließlich Besprechung mit dem nichtärztlichen Psychotherapeuten (400 Punkte, 23,31 €).
  • GOÄ 817: Eingehende psychiatrische Beratung der Bezugsperson psychisch gestörter Kinder oder Jugendlicher anhand erhobener Befunde und Erläuterung geplanter therapeutischer Maßnahmen (180 Punkte, 10,49 €).
  • GOÄ 835: Einmalige, nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einer eingehenden Untersuchung durchgeführte Erhebung der Fremdanamnese über einen psychisch Kranken oder ein verhaltensgestörtes Kind (64 Punkte, 3,73 €).
  • GOÄ 846: Übende Verfahren, z. B. autogenes Training, in Einzelbehandlung mit einer Mindestdauer von 20 Minuten (48 Punkte, 8,74 €).
  • GOÄ 849: Psychotherapeutische Behandlung bei psychoreaktiven, psychosomatischen oder neurotischen Störungen, Mindestdauer 20 Minuten (230 Punkte, 13,41 €).
  • GOÄ 855: Anwendung und Auswertung projektiver Testverfahren (z. B. Rorschach-Test, TAT) mit schriftlicher Aufzeichnung, insgesamt (722 Punkte, 42,08 €).
  • GOÄ 856: Anwendung und Auswertung standardisierter Intelligenz- und Entwicklungstests (Staffeltests oder HAWIE(K), IST/Amthauer, Bühler-Hetzer, Binet-Simon, Kramer) mit schriftlicher Aufzeichnung, insgesamt (361 Punkte, 21,04 €).
  • GOÄ 857: Anwendung und Auswertung orientierender Testuntersuchungen (z. B. Fragebogentest nach Eysenck, MPQ oder MPI, Raven-Test, Sceno-Test, Warteg-Zeichentest, Haus-Baum-Mensch, mit Ausnahme des sogenannten Lüscher-Tests), insgesamt (116 Punkte, 6,76 €).
  • GOÄ 860: Erhebung einer biographischen Anamnese unter neurosenpsychologischen Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung und Indikationsstellung bei tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie, auch in mehreren Sitzungen (920 Punkte, 53,62 €).
  • GOÄ 861: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Einzelbehandlung, Dauer mindestens 50 Minuten (690 Punkte, 40,22 €).
  • GOÄ 863: Analytische Psychotherapie, Einzelbehandlung, Dauer mindestens 50 Minuten (690 Punkte, 40,22 €).
  • GOÄ 865: Besprechung mit dem nichtärztlichen Psychotherapeuten über die Fortsetzung der Behandlung (345 Punkte, 20,11 €).
  • GOÄ 870: Verhaltenstherapie, Einzelbehandlung, Dauer mindestens 50 Minuten – gegebenenfalls Unterteilung in zwei Einheiten von jeweils mindestens 25 Minuten (750 Punkte, 43,72 €).
  • GOÄ 885: Eingehende psychiatrische Untersuchung bei Kindern oder Jugendlichen unter auch mehrfacher Einschaltung der Bezugs- und/oder Kontaktperson(en) unter Berücksichtigung familienmedizinischer und entwicklungspsychologischer Bezüge (500 Punkte, 29,14 €).
  • GOÄ 886: Psychiatrische Behandlung bei Kindern und/oder Jugendlichen unter Einschaltung der Bezugs- und/oder Kontaktperson(en) unter Berücksichtigung familienmedizinischer und entwicklungspsychologischer Bezüge, Dauer mindestens 40 Minuten (700 Punkte, 29,14 €).

 

Leistungen ohne Voraussetzung eines unmittelbaren Arzt-Patienten -Kontaktes

Sollte für eine bestimmte Leistung kein unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt vorgeschrieben sein, können auch diese per Videotelefonie als teemedizinische Leistung erbracht werden.

  • GOÄ 4: Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken (220 Punkte, 12,82 €).
  • GOÄ 15: Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken (300 Punkte, 17,49 €).
  • GOÄ 34: Erörterung der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung, gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken, einschließlich Beratung gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bezugspersonen, Dauer mindestens 20 Minuten (300 Punkte, 17,49 €).

 

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Steigerungsfaktoren gemäß GOÄ in der Telemedizin

Faktorsteigerung bei Videosprechstunde

Die GOÄ-Ziffern können im Rahmen einer Videosprechstunde genauso gesteigert werden wie auch bei einer herkömmlichen Behandlung vor Ort. Für die Steigerung gelten die Regeln aus § 5 Abs. 2 der GOÄ, die wir in folgendem Blogbeitrag zur Anwendung von Steigerungssätzen ausführlich erläutert haben.

Demnach kann der Faktor der Leistung ggf. unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades oder des Zeitbedarfes sowie aufgrund erschwerender Umstände bei der Ausführung gesteigert werden. Bitte immer auf die patientenbezogene Begründung und Dokumentation achten.

Fazit: Stellen Sie Ihre Einnahmen sicher und rechnen Sie die Telemedizin korrekt ab!

Durch die Kenntnis und korrekte Anwendung der GOÄ-Ziffern können Ärzte die Vorteile der Telemedizin optimal nutzen. Dieser Leitfaden soll dabei helfen, die Abrechnung telemedizinischer Leistungen zu vereinfachen und sicherzustellen, dass Ärzte für ihre wertvollen Dienste angemessen vergütet werden.
Dr. Sandra Pepperl-Klindworth
Geschäftsleitung dgpar GmbH

Wichtige Hinweise zur Abrechnung der Videosprechstunde

Bitte beachten Sie, dass Videosprechstunden in Ihrer Praxis pro Quartal maximal 30 % der Behandlungsfälle ausmachen dürfen.

Wenn ein Patient im selben Quartal sowohl eine Videosprechstunde als auch einen Besuch vor Ort in der Praxis hatte, wird dieser Behandlungsfall nicht in die 30-Prozent-Grenze einbezogen. Die Grenze gilt also nur für Patienten, die ausschließlich per Videosprechstunde behandelt oder beraten wurden. Eine ausschließliche Behandlung oder Beratung per Video sollte nur dann erfolgen, wenn dies medizinisch vertretbar ist und Sie online eine ebenso gute und sorgfältige Behandlung bieten können wie in Ihrer Praxis vor Ort. Zudem müssen Sie Ihre Patienten darüber informieren, inwiefern sich die Behandlung per Videosprechstunde von einer herkömmlichen Behandlung vor Ort unterscheidet.

Neupatienten, das ist zu tun!

Seit 2018 ermöglicht die überarbeitete Musterberufsordnung Ärztinnen und Ärzten, Patientinnen und Patienten auch ausschließlich per Videosprechstunde zu behandeln. Diese flexible Option bietet nicht nur bestehenden, sondern auch neuen Patienten Zugang zu medizinischer Versorgung. Damit die digitale Konsultation reibungslos abläuft, sind jedoch einige organisatorische Schritte zu beachten – insbesondere bei neuen Patienten.

Erfassung relevanter Patientendaten

Auch bei einer Videosprechstunde müssen alle wichtigen Patientendaten erfasst werden, ähnlich wie bei einem Vor-Ort-Termin. Hierzu gehören:
– Vor- und Nachname
– Geburtsdatum
– Krankenkasse und Versichertenart
– Versicherungsnummer
– Postleitzahl

Versicherungsschutz sicherstellen

Vor Beginn der Behandlung sollten Sie sich von neuen Patienten mündlich bestätigen lassen, dass ein gültiger Versicherungsschutz besteht. Dies schützt Sie vor möglichen Abrechnungsproblemen und schafft rechtliche Klarheit. Bitten Sie neue Patienten zudem, ihre Versichertenkarte oder den Personalausweis vor die Kamera zu halten, um diese Angaben zu bestätigen.

Effiziente Integration in das Verwaltungssystem

Stellen Sie sicher, dass alle gesammelten Daten korrekt in Ihrem Verwaltungssystem erfasst werden. Eine vollständige Dokumentation ist nicht nur für die Abrechnung essenziell, sondern auch für eine lückenlose Patientenakte.

Mit diesen Maßnahmen gewährleisten Sie, dass Ihre Videosprechstunde sowohl rechtlich als auch organisatorisch auf sicheren Beinen steht. So können Sie sich voll und ganz auf die medizinische Betreuung Ihrer Patientinnen und Patienten konzentrieren.

Lassen Sie sich beraten!

Um Injektionen rechtssicher und GOÄ-konform abzurechnen, steht Ihnen die dgpar GmbH gerne zur Seite. Wir helfen Ihnen, den Überblick zu behalten und Ihre Abrechnungen korrekt durchzuführen, damit Sie sich voll und ganz auf Ihre Patientinnen und Patienten konzentrieren können. Denn:

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