So wird der Praxisverkauf steuerlich optimiert - Konsequenzen für nachfolgende Tätigkeiten

Für jede selbständige Ärztin/ jeden selbständigen Arzt stellt sich irgendwann einmal die Frage, beruflich kürzer zu treten. Doch aus dem vollen Lauf heraus ganz aufzuhören, ist für viele Mediziner eine schwierige Vorstellung. Möchte man doch gerne sicherstellen, dass die Praxis optimal weitergeführt wird. Viele Praxisinhaber beschäftigen sich daher mit der Frage, sich bei der Veräußerung der Praxis von ihrem Nachfolger anstellen zu lassen oder auf Honorarbasis tätig zu werden. Da die Praxisveräußerung oder Praxisaufgabe jedoch steuerlich eine Reihe von Konsequenzen nach sich zieht, möchten wir Ihnen die wichtigsten Regelungen gerne vorstellen. Dazu hat sich Viktor Edelmann, Geschäftsführender Gesellschafter der dgpar GmbH, mit Christoph Röger, Steuerberater und Fachberater Gesundheitswesen, zum Interview getroffen und die steuerlichen Aspekte rund um den Praxisverkauf besprochen:

 

Viktor Edelmann: Kann man bei einem Praxisverkauf oder einer Praxisaufgabe mit Steuervorteilen rechnen?

Christoph Röger: Ja. Im Fall der Praxisveräußerung oder – aufgabe gewährt die Finanzverwaltung Steuervorteile in Form eines ermäßigten Einkommensteuersatzes (56% des persönlichen durchschnittlichen Steuersatzes) und einen Freibetrag bis zu 45.000 €, wenn der Verkäufer / Aufgebende das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Praxis vollständig bzw. der Anteil an der Berufsausübungsgemeinschaft vollständig abgegeben wird.

Viktor Edelmann: Viele Ärzte möchten nach dem Verkauf ihrer Praxis gerne noch in einem kleinen Rahmen weiterhin ärztlich tätig sein. Was ist dabei zu beachten?

Christoph Röger: Die Tatsache, ob der Verkäufer die Steuervorteile aus dem Praxisverkauf auch behält, beurteilt die Finanzverwaltung in der Regel im Nachhinein. Hierbei wird geprüft, ob die Praxis auch definitiv auf den Erwerber übergegangen ist.  Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Patienten sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist auch keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren ausreichend sein.

Grundsätzlich unschädlich ist es, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als Vertreter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird, denn der Erwerber ist trotzdem zivilrechtlich und wirtschaftlich in der Lage, die Beziehungen zu den früheren Patienten des Veräußerers zu verwerten. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung nicht entgegen. Eine solche geringfügige Tätigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die auf sie entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten.

Viktor Edelmann: Können Sie uns einige Praxisbeispiele geben, wie eine solche geringfügige Tätigkeit ausgestaltet werden kann?

Christoph Röger: Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, (einzelne) Patienten auf eigene Rechnung weiter zu betreuen. Es ist auch möglich, die Beziehung zur früheren Patientenschaft zu nutzen, um neue Patienten zu gewinnen. In beiden Fällen nutzen sowohl Veräußerer als auch Erwerber das (bisherige) durch Patienten und Praxisnamen bedingte Wirkungsfeld für ihre freiberufliche Tätigkeit, zu der neben der Patientenbetreuung auch die Gewinnung neuer Patienten zählt. Eine solche fortdauernde bzw. neuerliche Nutzung ehemaliger Patientenbeziehungen steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung allerdings nur dann entgegen, wenn sie die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet. Eine geringfügige Tätigkeit des Veräußerers im bisherigen örtlichen Wirkungskreis schließt die Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung hingegen nicht aus, auch wenn sie die Betreuung neuer Patienten umfasst.

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Zur Person

Christoph Röger war von 1991 bis 1999 für die ETL Steuerberatungsgesellschaft in den neuen Bundesländern tätig. Im Jahr 1999 hat er das Steuerberaterexamen erfolgreich absolviert und wurde zum Steuerberater bestellt. Als geschäftsführender Gesellschafter der ADVIMED Steuerberatungsgesellschaft sowie der ETL Röger & Johannes GmbH in Köln war Christoph Röger von 2000 bis 2015 tätig. Hier spezialisierte er sich u.a. auf die Beratung von Heilberufen. 2009 hat er den Fachberater für den Heilberufebereich und in 2014 den Fachberater Gesundheitswesen als Zusatzqualifikation erworben. Mehr Informationen unter christoph-roeger.com

 

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