Steigerungssatz immer begründen
Praxisbeispiele und Begründungen zur Anwendung des Steigerungssatzes in der privatärztlichen Abrechnung 📄

Der Steigerungssatz der GOÄ: Mit der richtigen Begründung kann das Honorar gesteigert werden

Die Wahl des richtigen Steigerungssatzes in der GOÄ-Abrechnung ist ein Thema, das derzeit viele Ärztinnen und Ärzte beschäftigt. Daher möchten wir in diesem Blogbeitrag erklären, wie der Steigerungssatz richtig angewendet und vor allem auch richtig begründet wird. Zudem zeigen wir Ihnen, worauf Sie achten müssen, wenn Sie den Steigerungssatz ausnahmsweise über den 3,5-fachen Satz heben wollen.

Was ist der Steigerungssatz der GOÄ?

Der Steigerungssatz ist ein Faktor, der in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vorgesehen ist. Er ermöglicht den Ärzten eine individuelle Anpassung der Gebühr für eine bestimmte Leistung. Der Steigerungsfaktor variiert je nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand der Leistung. Er ist somit ein Multiplikator, der die besonderen Umstände, unter denen eine Leistung erbracht wird, berücksichtigt.

Der Steigerungsfaktor wird bei der Abrechnung in der GOÄ frei gewählt. Hinter jeder Leistung versteckt sich ein fester Punktwert mit einem festen Betrag. Multipliziert man diesen Betrag mit dem Faktor ergibt sich der eigentliche Rechnungsbetrag. Laut §5 Abs. 1 GOÄ bemisst sich die Gebühr für die ärztlichen Leistungen nach dem 1- bis 3,5-fachen des Gebührensatzes, für technische Leistungen nach dem 1- bis 2,5-fachen Gebührensatz und für Laborleistungen nach dem 1- bis 1,3-fachen Gebührensatz. Ein höherer Steigerungsfaktor bedeutet immer eine Erhöhung des Rechnungsbetrags und damit ein höheres Honorar.

Es ist für die Wirtschaftlichkeit Ihrer Praxis maßgeblich, sämtliche Möglichkeiten der Optimierung Ihrer Abrechnung zu nutzen. Aber wann genau dürfen Sie von den Regelfaktoren abweichen? Und welche Begründungen akzeptieren die Versicherungen? Denn prinzipiell gilt – jede Erhöhung muss auch in der Rechnung entsprechend begründet werden!

 

Wie wird die Erhöhung des Steigerungssatzes richtig angewendet?

Eine Erhöhung des Steigerungsfaktor darf nur angewendet werden, wenn:

  1. eine besondere Schwierigkeit
  2. ein erhöhter Zeitaufwand oder
  3. besondere Umstände oder Komplexität des Krankheitsfalls vorliegt.

Die GOÄ gibt hierfür klare Regeln vor. Eine Begründung für die Erhöhung des Steigerungsfaktors muss in der Rechnung angegeben werden. Sie sollten hierbei darauf achten, dass die Begründung immer plausibel und nachvollziehbar ist. Dies kann im Falle einer Prüfung durch die Versicherung oder einer gerichtlichen Auseinandersetzung von großer Bedeutung sein. Die Bewertung, ob bei der Behandlung eine besondere Schwierigkeit, besondere Umständen oder ein erhöhter Zeitaufwand vorgelegen haben, nehmen jedoch Sie als behandelnder Arzt vor. Ein Gericht wird und kann lediglich kontrollieren, ob Sie Ihr Ermessen überhaupt richtig angewandt und richtig dokumentiert haben.

Die nachfolgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die Höhe der verschiedenen Steigerungssätze bei verschiedenen ärztlichen Leistungen:

Steigerungssatz

1. Steigerungssatz bei entsprechender Schwierigkeit einer Leistung

Weicht die Untersuchung oder Behandlung eines Patienten von den normalen Gegebenheiten ab, dann stellt dies einen Grund für das Anheben des Faktors dar.

Auch der körperliche Zustand oder der Gemütszustand des Patienten spielt dabei häufig eine Rolle.

Beispiele hierfür können sein:

Begründung Beispiele für GOÄ-Leistung
Untersuchung oder Diagnostik bei unruhigem Patienten 5, 7, 8, 250, 410, …
Untersuchung oder Diagnostik bei ängstlichem Patienten 5, 7, 8, 250, 410, …
Untersuchung oder Diagnostik bei adipösem Patienten 5, 7, 8, 250, 410, …
Untersuchung oder Diagnostik bei Kleinkind 5, 7, 8, 250, 410, …
Beratung mit Sprachbarriere oder in englischer Sprache 1, 3, 34, …
Notfall mäßig Behandlung Sämtliche Leistungen
Physische Besonderheiten bei Sonographien oder Röntgen 410, 420, 5010, …
Luftüberlagerungen bei Sonographien 410, 420, …
Schlechte Venenverhältnisse 250, 272, 274, …

2. Steigerungssatz bei erhöhtem Zeitaufwand bei Erbringung einer Leistung

Überschreitet eine Leistung das normale zeitliche Maß, so gilt auch dies als Grund für eine Faktorsteigerung.

Beispiele hierfür können sein:

Begründung Beispiele für GOÄ- Leistung
Ausführliche Beratung über geplanten Eingriff oder Therapie 1, 3, 34, …
Zeitintensive Erörterung einer Erstdiagnose 1, 3, 34, …
EKG-Untersuchung mit langem Steifen 650, 651, …
Ausführliche Beratung während eines Hausbesuchs 50
Ultraschall bei mehr als 4 Organen 420
Lange Dauer der Infusion (z.B. bei Ziffer 272 bei mehr als 1 Stunde) 271, 272, 274, …
Behandlung überdurchschnittlich großer Wunden 2000, ff.
CT / MRT bei einer Vielzahl an Einzelbereichen 5369, 5735
Zusätzliche Entnahme einer Vielzahl von Biopsien 685, 687, …

 

3. Steigerungssatz bei entsprechender Schwierigkeit eines Krankheitsfalles

Manchmal kann bereits nur die Komplexität einer Erkrankung zur Begründung für eine Steigerung des Faktors führen.

Beispiele hierfür können sein:

Begründung Beispiele für GOÄ Leistung
Schwierige Differentialdiagnostik bei unklarem Krankheitsbild sämtliche diagn. Ziffern
Überdurchschnittliche Schwere der Grunderkrankung 1, 3, 34, …
Ausführlicher Organschall bei Ausschluss von Metastasierung 410, 420, …
i.v. Singe-Shot-Chemotherapie 253, …
Schwere Untersuchungsbedingungen bei Schmerzhaftigkeit des Pat. 5, 7, 8, …
Untersuchung mehrerer Teilbereiche 5, 7, 8, …
Schwierige Medikation bei Multimorbidität 1, 3, 34, …
Ausführliche Beratung bei psychischer Belastungssituation 1, 3, 34, …
Ausführliches Konsil über Behandlungsmöglichkeiten 60

Wie wähle ich den passenden Steigerungssatz aus?

Um den bestmöglichen Steigerungsfaktor auszuwählen, sollten Sie folgende Schritte befolgen:

  1. Prüfen Sie, ob eine Erhöhung des Steigerungsfaktors überhaupt zulässig ist.
  2. Überlegen Sie, ob die besonderen Umstände, die eine Erhöhung des Steigerungsfaktors rechtfertigen, tatsächlich vorliegen.
  3. Wenn die besonderen Umstände vorliegen, wählen Sie den Steigerungsfaktor aus. Dieser sollte jedoch immer noch angemessen und verhältnismäßig sein. Dabei kommt es immer auf den Einzelfall an.
  4. Fügen Sie die Begründung auf Ihrer Rechnung schriftlich hinzu.

Hier finden Sie einige Beispiele, die Sie als Faustregel heranziehen können:

Steigerungssatz

Beispiele für die Anwendung des Steigerungssatzes:

  1. Wie hoch darf der Steigerungsfaktor für eine aufwändige Augenoperation sein?
    Beispiel: Bei einer aufwändigen Augenoperation kann ein Steigerungsfaktor von bis zu 3,5 berechnet werden. Die Begründung dafür kann beispielsweise sein, dass eine besondere Schwierigkeit oder Komplikation bei der Operation bestand.
  2. Darf der Steigerungsfaktor für eine psychologische Beratung erhöht werden?
    Beispiel: Für eine ausführliche psychologische Beratung kann ein Steigerungsfaktor von bis zu 3,5 berechnet werden. Die Begründung könnte darin bestehen, dass die Beratung über die normale Dauer oder Intensität hinausging oder dass eine spezielle Expertise des Arztes erforderlich war.
  3. Wie hoch darf der Steigerungsfaktor für eine Notfallbehandlung sein?
    Beispiel: Für eine Notfallbehandlung kann ein Steigerungsfaktor von bis zu 3,5 berechnet werden. Die Begründung könnte darin bestehen, dass Ihre Leistung unverzüglich und während des normalen Praxisbetriebes erfolgen müsste.

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Der dgpar-Protipp zum Steigerungssatz von GOÄ-Expertin Claudia Wieth

Claudia Wieth
Erbringt man eine Leistung mehrfach, so ist diese häufig durch die Legende der Gebührenziffer auf die einmalige Abrechnung pro Sitzung beschränkt. Hier dürfen Sie, sofern Sie die Leistung auch mehrfach erbracht haben, Ihren Aufwand immer mit dem gesteigerten Faktor geltend machen. Ich zeige es Ihnen anhand eines Beispiels!
Claudia Wieth
Medizinisches Kompetenzzentrum

Beispiel:

GOÄ Ziffer 602 – Oxymetrische Untersuchung(en)

  • abrechenbar mit dem Faktor 2,5 mit der Begründung „Vielzahl an Untersuchungen“

Manchmal sind Leistungen zwar erbracht, erfüllen aber nicht die komplette Leistungslegende. Statt auf die Abrechnung dieser Leistung komplett zu verzichten, oder auf eine viel niedriger bewertete Ziffer zu gehen ist es hier ratsam, die Leistung trotzdem abzurechnen. Allerdings muss diese Abrechnung mit einem reduzierten Faktor erfolgen.

Beispiel:

GOÄ Ziffer 687 – Hohe Koloskopie bis zum Coecum

  • Abrechenbar mit z. B. Faktor 1,8 mit der Begründung „Durchschub nur möglich bis Colon ascendens, daher reduzierter Gebührenrahmen.“

Auch eine Steigerung über den 3,5-fachen Satz hinaus ist möglich!

Dazu müssen Sie jedoch bereits vor der Behandlung mit Ihren Patienten eine separate Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ abschließen und dieses Vorgehen entsprechend regeln.

Fazit💡 Die Begründung des Steigerungssatzes der GOÄ ist entscheidend!

Die Anwendung des richtgen Steigerungsfaktors der GOÄ kann zu einer erheblichen Erhöhung der ärztlichen Honorare führen, was wichtig ist, um eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Sie sollten jedoch immer bedenken, dass eine Anwendung nur dann zulässig ist, wenn besondere Umstände vorliegen. Die Begründung für die Erhöhung des Steigerungsfaktors muss in der Rechnung angegeben werden. Wenn Sie sich unsicher sind, welchen Steigerungsfaktor Sie wählen dürfen, sollten Sie die Regeln der GOÄ genau prüfen und sich gegebenenfalls beraten lassen. Denn eine falsche Anwendung des Steigerungsfaktors kann zu Problemen mit den Versicherungen oder Patienten führen.

Insgesamt ist die Anwendung des Steigerungsfaktors der GOÄ ein komplexes Thema, das viel Erfahrung und Wissen erfordert. Mit den oben genannten Schritten können Sie jedoch sicherstellen, dass Sie die Abrechnung Ihrer Leistungen optimal gestalten. Bei Fragen oder Unsicherheiten können Sie sich gerne an unsere erfahrenen Abrechnungsexperten wenden, die Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

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